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  • AutorenbildEllen Kuhn & Dr. Joachim Materna

Graham Green: DER STILLE AMERIKANER - spannende und zeitlose Geschichte aus Vietnam

Aktualisiert: 6. März 2020


Graham Green, Der stille Amerikaner, Bewertung Graham Green

Warum hat ein Roman, den Graham Green 1955 erstmals veröffentlichte, bis heute nichts an Aktualität eingebüsst? Und warum stand Green unter anderem auch wegen dieses Buches bis zu seinem Tod 1991 auf der Beobachtungsliste der CIA?

Die Story: ein englischer Kriegsreporter hat sich in Zeiten des Indochina-Krieges sein Leben in Saigon eingerichtet und erfüllt nahezu jedes Klischee. Abends in Bars, eine vietnamesische Geliebte, die ihm scheinbar emotionslos und devot jeden Wunsch von den Augen abliest, gelegentliche Presse-Ausflüge in den Norden rund um Hanoi, um sich im Kampfgebiet von den Franzosen auf dem Silbertablett die aktuellen Erfolge (und natürlich nur die…) präsentieren zu lassen, über die er dann zensiert nach London berichten darf. Nach etlichen Jahren dieses Lebens und durch den regelmässigen Opium-Konsum ist der Mann die wandelnde Coolness. Aber plötzlich erscheint da ein deutlich jüngerer Amerikaner auf der Bildfläche, der mit seinem jugendlichen Elan und Eifer in Vietnam etwas bewegen will. Vordergründig als Handelsattaché agierend, wird recht schnell klar, dass seine Aktionen und Absichten viel weitreichender sind und seine US-Auftraggeber tiefgreifende politische Intrigen schmieden. Da er in seiner romantischen Art mehr Gentleman ist als der alternde Engländer und zudem finanzielle Sicherheit bietet, wird seine naive Verliebtheit von der vietnamesischen Geliebten des Engländers mit ihrer Form von „Dollar-Liebe“ rasch erwidert. Zwei Männer - eine Frau. Vor der Kulisse eines untergehenden Landes ist auch eine persönliche Katastrophe vorprogrammiert.

Graham Green gelingt es, in seinem Roman eine Stimmung hervorzurufen und ein Bild zu malen, das den Leser unweigerlich in das Saigon jener Zeit versetzt. Aber auch heute spürt man diese Zeit allenthalben, wenn man durch Ho Chi Minh City streift. In bester Ernest Hemingway-Manier schärft er das Profil eines coolen, abgeklärten und mit allen Wassern gewaschenen Helden inmitten eines kriegerischen Umfeldes, wobei dieser aber unter seiner rauen Schale deutlich mehr Emotionen und Empathie verbirgt als die Helden Hemingway’scher Epen. Viele Aspekte menschlicher Wesenszüge werden überraschend subtil beleuchtet, aber auch typische kulturelle Besonderheiten werden feinsinnig hinterfragt, obwohl das Buch selbst eher als spannender Kriminalroman angelegt ist. Dass die politischen Rahmenbedingungen und Machenschaften mehr oder weniger deutlich angesprochen werden, ist sehr lobenswert, da die allgemeinen Prozesse sich historisch gesehen ebenso permanent wiederholen, so wie auch die Rolle der Grossmächte (im Speziellen der USAI) bis heute zeitlose Stereotypien aufweist.

Ein auch heute noch absolut lesenswerter, spannender und unterhaltsames Roman, der auf eine stille Art und Weise überraschend viel Tiefgang aufweist.

© Travel-Edition


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