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  • AutorenbildEllen Kuhn & Dr. Joachim Materna

Life-Coaching auf Fidschi

Aktualisiert: 23. Okt. 2022


„Natadola Beach!“ Achim lümmelte entspannt auf dem Beifahrersitz und deutete gleichzeitig auf ein Straßenschild und einen Abschnitt im Reiseführer, der auf seinen Beinen lag. Die Straße zu einem der schönsten Strände Viti Levus führte über eine kleine schmale Asphaltstrecke. Nach einem Fünf-Sterne-Resort hatte man jedoch nicht mehr weiter in den Ausbau investiert. Also schaukelten wir wild kurvend über Schotter- und Schlaglochpisten weiter und erreichten maximal die Geschwindigkeit fidschianischer Fußgänger. Nach viel Landschaft die ersten wieder sehr bunten Häuser, dann links eine Schule, daneben eine nicht minder bunte Kirche. Aber dann kein Weiterkommen mehr. Ohne Geländewagen war dieser Fluss vor uns nicht zu durchqueren. Also raus und zu Fuß weiter. Drei Frauen hängten ihre Wäsche auf, während ihre Kinder hinter einem Huhn her rannten. Südsee-Mamas wie man sie aus Filmen kannte: vollschlanke Figuren, schokobraune Gesichter mit einem Ausdruck tiefer Gemütlichkeit, aber auch reservierten Abwartens, kurze schwarze dichte Afro-Locken, bunte fast knielange Blusen und vom Muster her passende bodenlange Wickelröcke. Weiße große Margareten auf einem knalligen Blau, ethnische Muster auf pinkem und ockerfarbenen Grund sowie gelber Hibiskus auf strahlendem Rot.

„Wo wollt ihr hin?“ hörten wir plötzlich eine junge Stimme hinter uns sagen. Ein achtjähriger Junge und ein elfjähriges Mädchen schauten uns mit großen fragenden Kulleraugen an. Ravi und Maya hatten heute schulfrei, waren aber auf jeden Fall im Fach Englisch Musterschüler. Dank unserer kleinen einheimischen Fremdenführer standen wir wenige Minuten später auf schneeweißem Sand. Weit und breit kein Mensch. Während wir völlig fasziniert die Kulisse auf uns wirken ließen, beobachteten die beiden fidschianischen Kinder uns, so als ob sie versuchten, unsere Gedanken zu lesen. Den Strand hatten sie jeden Tag, das Fremdartige für sie waren wir. Sie erzählten von ihrem Leben im Dorf hinter dem Hügel, wie sie jeden Tag mit ihrem Vater zum Fischen gingen und wie gut ihre Mutter diese Fische zubereiten konnte.

„Kommt mit, wir zeigen euch unser Dorf“, schlug Maya vor und deutete mit ihrem zierlichen ausgestreckten Arm in eine Richtung parallel zum Ufer. Dazu galt es gemeinsam den Fluss zu durchqueren, der sich mäanderförmig durch den breiten Strand hindurch wand, bevor er sich ins offene Meer ergoss. Wie ein Nordseepriel bei Ebbe, nur in schön. Riva fand eine Stelle, wo das Wasser nur etwas mehr als kniehoch war. Direkt danach türmten sich vor uns graue, manchmal fast schwarze Korallenfelsen auf. Trotz der scharfen Kanten huschten die beiden Kinder barfuß und behände wie Katzen hinauf und blickten von oben auf uns herab. Da wir unsere Schritte sehr bewusst setzen mussten, erreichten wir erst gefühlte Stunden später schweißtriefend den gleichen Punkt, nur um zu sehen, wie Maya und gleich hinter ihr Riva über die nächsten Korallensteine hüpften. Mit seinen nassen Flip-Flops versuchte Achim dem Weg der beiden zu folgen, während die Wellen des Meeres mit ihren Gischt-Spritzern die Glitschigkeit der kantigen Steinbrocken weiter erhöhten. Ellen dicht hinter ihm. Maximale Konzentration.

Dann passierte es. Ein plötzliches „Ach du Scheiße!“ ließ Achim herumfahren, gerade noch, um zu beobachten, wie Ellen taumelnd um ihr Gleichgewicht kämpfte und jeden Augenblick in die Tiefe zu stürzen drohte. Er streckte ihr seinen Arm entgegen, aber der Abstand war zu groß. Voller Panik trafen sich unsere Augen. Durch einen kraftvollen Spreizschritt nach links brachte Ellen ihren Körper wieder über festen Boden. Dabei rutschte sie aus ihrem nassen Flip-Flop heraus und schabte ihren Fuß über die rasiermesserscharfen Kanten der Korallenoberfläche.

Blut. Viel Blut. Schock. Überall Blut. Fassungslos schaute Ellen nach unten. Genauso fassungslos schaute sie Achim an, der gerade seinen Arm um sie legte. „Komm lass uns weitergehen, die Kinder warten“, presste Ellen heraus, als wollte sie alles nicht wahrhaben, ungeschehen machen. Riva und Maya waren zurückgekommen und schauten mit weit aufgerissenen Augen entgeistert und schockiert auf Ellens blutenden Fuß. Achim warf einen kurzen Blick auf das Übel.

„Ellen, ich glaube, ich sollte dich zum Auto zurückbringen.“ In Sekundenschnelle aktivierte Achim wie ein Computer-Chip seine Arzt-Gedankenkette aller Optionen und Konsequenzen. Günstigster Fall: Blutung stillen, Wunde säubern, Verbände, zwei Wochen Ruhigstellung, Abheilung drei bis vier Wochen. Ungünstigster Fall: Blutung zu stark, Druckverband, Nähen und Umstechen des blutenden Gefäßes in einer Klinik, Gefahr der Taschenbildung und Wundinfektion, Krankenhaus-Aufenthalt mit Antibiotika-Gabe, eventuell als Infusion in die Vene, Nachoperationen. Bei Überstehen aller Komplikationen Dauer sechs bis acht Wochen. Willkommen im Paradies. Minuten später OP am Strand. OP-Tisch Fahrer- und Beifahrersitz. Operateur Dr. Achim. Assistent ... nicht anwesend. OP-Schwester ... gerade nicht da. Riva und Maya, die potentiellen Kandidaten für diese Jobs, standen in respektvollem Abstand und nur ihrer angeborenen Hauptfarbe war es zuzuschreiben, dass man die Leichenblässe ihrer Gesichter nicht sehen konnte. Narkosearzt ... im Urlaub. Patient Ellen. Lagerung so, dass der Unterschenkel aus dem Auto herausragte und das Blut auf den Boden tropfen konnte.

„Es fängt jetzt an, tierisch weh zu tun“, bemerkte Ellen, eher sachlich als klagend. „Der Schock lässt nach, dann kommt der Schmerz. Aber ich kann dir etwas anbieten.“ Für den bevorstehenden Eingriff hatte Achim ein Handtuch zusammengerollt. „Es wird nicht lange dauern, aber beiß da einfach mal drauf. Ich muss die Hautfetzen an deiner Sohle abtragen, damit sich keine Taschen bilden, in denen sich Bakterien vermehren und Entzündungen auslösen.“ Ellen verfolgte mit weit aufgerissenen Augen, wie Achim den Eingriff vorbereitete. Aus den weit offenen Rucksäcken auf den Rücksitzen hatte er das gesamte OP-Besteck zusammengesucht - Nagelschere, Pinzette, saubere Einmaltaschentücher, Omas Schwedenbitter, da es die Flüssigkeit mit der aktuell höchsten Alkoholkonzentration in greifbarer Nähe war. Er reichte Ellen zwei Schmerztabletten und - in Ermangelung von Whisky - eine Wasserflasche. Danach beugte er sich vor, streichelte ihre Wange und küsste sie. Tief blickte ihm Ellen in die Augen „Danke für alles!“. „Ich werde alles dafür tun, dass du das in zehn Minuten immer noch sagst“, scherzte Achim etwas verkrampft.

Wie Indianer den Skalp abtrennen, so hatte die Korallenkante vergleichbar einer Klinge die Haut des gesamten Vorfußes abgehoben. Nachdem alle Einrisse und Fetzen beseitigt waren, spülte Achim die Wunde mit dem berühmten Fiji-Wasser sauber. Während man die Flaschen hier in Supermärkten sehr billig erwerben konnte, gehörten sie nach dem Export zu den erlesensten Wässerchen weltweit. Vielleicht entfaltete sich die gesundheitsfördernde Wirkung, die ihm nachgesagt wird, nicht nur durch Trinken, sondern auch durch äußerliche Anwendung. Antibiotika-Salben-Verband. OP beendet, Patient Ellen den Umständen entsprechend wohlauf.

Auf der Weiterfahrt löste sich langsam unsere geistige Schockstarre und wir realisierten die Tragweite dieses Ereignisses. Die nächsten zwei Wochen war definitiv nur Fuß hochlegen angesagt, keine Aktivitäten, alle Programmentwürfe waren reif für den Papierkorb. Anfänglich dominierte noch Verärgerung, Enttäuschung und bei Ellen das übliche ‚Warum musste mir das passieren?‘ und ‚Hätte ich doch...‘ bis hin zu ‚Wie konnte ich so blöd sein?‘. Doch schon nach 10 Kilometern waren diese Gedanken einer aufrichtigen fidschianischen Schicksalsergebenheit gewichen.

„Naja, ich glaube, es gibt schlimmere Orte, an denen man die Füße hochlegen muss.“ Ellen war schon wieder in der Lage etwas zu lächeln und das Leben von der positiven Seite zu sehen. Kein Wunder. Zum Mittagessen saßen wir im Garten eines Restaurants, dessen strohgedeckte Haupthütte uns von der Straße aus aufgefallen war. Sich im Wind wiegende Palmen spendeten uns Schatten, direkt vor uns lagen der perlmutfarbene Strand und das tiefblaue Meer, das gerade von Ebbe zu Flut wechselte. Im Wasser standen ein paar Fidschianer, die nur mit kleinen Netzen Fische fingen. Leise ertönten im Hintergrund Reggae-Rhythmen. Ellens verbundener Fuß lag auf dem Holztisch vor ihr. Achim hatte zum Aperitif zwei alkoholfreie Piña Coladas organisiert. Dieser Moment war geeignet, um auf Fidschi anzukommen, es aufzusaugen und die Seele baumeln zu lassen. Und das so kurz nach unserer Horrorgeschichte. Unglaublich, aber irgendetwas an dieser Umgebung machte es möglich. Ganz dicht stellte Achim seinen Holzsessel neben Ellen. Wir hielten unsere Hände. Blickten aufs Meer. Und waren ... glücklich.

„Stell dir vor, es wäre jetzt sechs Uhr morgens und wir ständen bei Kälte und Dunkelheit im Bad mit Aussicht auf einen megastressigen und anstrengenden Tag.“ Wir konnten im Nachhinein nicht mehr rekonstruieren, wer von uns beiden diesen Satz gesagt hatte, aber allein dieses Bild machte uns unseres Privileges bewusst, hier gemeinsam zu sitzen, Zeit miteinander zu haben und über diese frei verfügen zu können. Das war etwas, das wir in unserem neuen Leben dauerhaft haben wollten. Was für ein Vorgeschmack.

„Fusch - krk - fusch - krk - fusch - krk.“ Vor uns hatte ein etwa siebenjähriger Junge begonnen, aus dicken Bambusstäben Kleinholz zu machen. Grazil gebaut, barfuß, Bermuda Shorts, rotes T- Shirt. Die hellbraune Haut und die von Sonne und Salzwasser hellblonden langen Locken ließen darauf schließen, dass er eine Mischung verschiedener Abstammungen war. Was unseren Herzschlag etwas erhöhte, war das Werkzeug, mit dem er hantierte. Die Machete in seiner Hand war fast größer als er selbst. Nur wenige Zentimeter entfernt von seiner kleinen Hand und den dünnen Beinen schlug er eins ums andere Mal die scharfe Schneide ins Bambusholz.

Bereits seit einigen Minuten hatte sich eine junge Fidschianerin in den Holzsessel direkt neben uns gesetzt und blickte gemeinsam mit uns aufs Meer hinaus. Die längste Zeit wortlos. „Was ist denn mit dem Fuß passiert?“ begann Manoa völlig unvermittelt. Nachdem sie die Geschichte gehört hatte, plauderte sie unbedarft drauf los. „Vor wenigen Tagen ist ein berühmter neuseeländischer Schauspieler nach Auckland geflogen worden. Ihm war bei Filmaufnahmen das Gleiche passiert. Er wäre fast gestorben. Man sagt, er hatte eine Blutvergiftung.“ Ellen schaute Achim an. „Kannst du mir noch eine Piña Colada mit Alkohol holen?“ Wieder schauten wir aufs Meer hinaus. Alle vier. Unbemerkt hatte sich nämlich auch der Hund des Hauses zwischen uns gelegt. Unser Vertrauen in das Können des blonden Jungen vor uns war merklich angestiegen. Wie bei einer Maschine saß jeder einzelne Schlag millimetergenau in der Kerbe des vorherigen. „Fusch - krk - fusch - krk - fusch - krk.“ Wann hatte er wohl mit dem Üben angefangen? Mit drei? „Das ist mein Bruder.“ erklärte Manoa nach einigen Minuten des Schweigens. „Ich habe noch drei weitere, wir wohnen alle hier in der Hütte, meinem Vater gehört das Restaurant. Eine Freundin von meinem Bruder wohnt auch noch hier.“ In sehr ruhiger und manchmal auch von längeren Redepausen unterbrochener Weise erzählte sie uns, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sei und noch nie in ihrem Leben woanders war. Und das auch gar nicht wolle. Zur Schule sei sie im Nachbarort gegangen. Abends bliebe sie am liebsten zu Hause. Manchmal besuchten sie Freunde. Ihr Englisch war exzellent, ihre Antworten gewählt und manchmal auch mit verstecktem Humor garniert. Rundherum eine intelligente Frau von 19 Jahren, in der Potential steckte, aus der man doch „mehr“ machen könnte. Aha, die deutsche Denke war zurück.

„Es gibt hier zwei Universitäten auf der Insel, eine in Suva und eine in Nadi. Aber ich will nicht studieren.“ Wir dachten darüber nach. Wieder entstanden Redepausen, die wir erstaunlicherweise zum ersten Mal als nicht peinlich, sondern natürlich empfanden. Wir schauten ja alle aufs Meer hinaus. Und auf die beiden Jungs. Der dreijährige Bruder watschelte gerade mit einem kindlich unsicheren Gang und einem großen dolchartigen Messer in der linken Hand daher und wollte es nun seinem größeren Bruder gleich tun. Bei jeder Ausholbewegung drohte er umzufallen.

„Studieren? Warum sollte ich. Mir geht es doch hier sehr gut“, nahm sie den Faden wieder auf. Es mangelte uns nicht an Vorschlägen und so legten wir los. „Einen tollen Uni-Abschluss machen, einen guten Job bekommen?“ „Und dann?“ Manoa war noch wenig beeindruckt. „Viel Geld verdienen in einer großen Firma, vielleicht in einer großen Stadt, eventuell sogar in Australien oder Neuseeland.“ „Und dann?“ „Naja, eben Karriere machen, erfolgreich sein, noch mehr Geld verdienen.“ „Und dann?“ „Deine Familie unterstützen, eine eigene gründen und ein eigenes Haus bauen.“ „Und dann?“ Dieses Mal machte Manoa nur eine kurze Pause. „Völlig fertig zu meinem Vater zurückkommen, um mich im Restaurant auf Fidschi wieder zu erholen? So wie die vielen Auswanderer hier auf der Insel?“ Sie lächelte. „Da bleibe ich doch gleich hier und erspare mir alles dazwischen.“ Chapeau. Eindeutiger Punktsieg. Wir schauten wieder - ja richtig - schweigend aufs Meer hinaus.

Unter dem Strohdach der Terrasse links neben uns war es laut geworden. Fast fünf Meter ragte sie Richtung Strand hinaus und war auf einigen Stelzen nach unten hin abgesichert. Eine indische Großfamilie saß um die einzige lange Tafel. Lautstarke Wortwechsel. Aber selbst diese schafften es allenfalls kurzzeitig, unseren Blick vom Meer abzulenken. „Gibt es auf Fidschi echt Probleme mit den Indern, Manoa?“ Wir hatten von politischen Unruhen und Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen gehört.

„Ich komme gut mit ihnen aus. Als die Engländer damals nach Fidschi kamen, brauchten sie Angestellte, Diener und Hilfskräfte, aber wir Fidschianer waren viel zu faul dafür. Da haben sie sich eben die Inder geholt.“ Sie sagte das alles mit einem fast schon stolz lächelnden Gesichtsausdruck. „Der Fidschianer war schon immer ziemlich faul und zufrieden mit dem, was er hat. Viele von uns arbeiten heute im Tourismus. Aber den meisten genügt es immer noch, wenn sie Fische fangen oder in den Wald gehen, um Früchte zu sammeln. Dann haben wir doch alles, was wir zum Leben brauchen.“

Wenn man auf der Welt aufrichtig, durch und durch gechillte Menschen sucht, findet man sie nicht in Australien, nicht auf Bali, sondern auf Fidschi. Der Australier - wer auch immer dies in dieser Multikulti-Gesellschaft sein mag - ist zweifellos der Freizeit-Grill-und-Chill-Weltmeister, aber im Job nicht weniger ehrgeizig und genauso schnell gestresst wie der Mitteleuropäer. Der Balinese ruht in sei- ner Religion, fühlt sich aber durch familiäre, berufliche und religiöse Verpflichtungen schnell überfordert. Die Gelassenheit der Menschen auf Fidschi ist ganz und gar echt, manchmal aber kaum zu unterscheiden von mit Überzeugung gelebter Trägheit. Es gibt keine erkennbare Motivation. Keinen Mangel, der für sie Antrieb sein könnte und daher oft auch keinen Ehrgeiz. Der Fidschianer hätte das Rad mit Sicherheit nicht erfunden. Was für ein krasser Kontrast zu einem losgelösten, verselbstständigten Streben nach permanentem Wachstum in den westlichen Industrienationen. Am Tisch rechts neben uns hatte sich ein Mitte zwanzigjähriger Fidschianer niedergelassen. Die Coolness in Person. Pilotenbrille, das krause Haar bis zum Nacken eng am Kopf nach hinten geflochten. Über den blauen Bermuda Shorts ein figurbetontes weißes Poloshirt. Seine Ausstrahlung war unnahbar mit einem nicht unerheblichen Schuss ins Arrogante. Vor ihm lag ein Notebook, das er allerdings nicht benutzte, weil er - wie alle - nur aufs Meer hinaus schaute. Ein weiterer, deutlich älterer Bruder Mano- as stellte wortlos ein Cocktail-Glas vor den schönen Fremden, an dessen Rand eine frische Ananas-Scheibe steckte.

Nachdem der Bruder sich nach Ellens Fuß erkundigt hatte, kam seine Empfehlung wie aus der Pistole geschossen. „Kerosin! Auf frische Wunden muss ganz viel Kerosin.“ Ganz unabhängig davon, dass wir in diesem Moment logistische Probleme gehabt hätten, Flugbenzin zu beschaffen, stand vor allem die Frage im Raum, ob diese Form der Therapie durch Studien mit ausreichender Teilnehmerzahl und einer überzeugend hohen Überlebensquote abgesichert war. Achim stellte nur eine vorsichtige, ergänzende medizinische Rückfrage zu dieser eigenwilligen Behandlungsmethode. „Mit oder ohne Anzünden?“

Erfreulicherweise und zu unserer Beruhigung durften wir beobachten, wie Manoa sich nun von ihrem Stuhl er- hob, um zu ihrem kleinsten Bruder hinabzusteigen. „Endlich“, dachten wir. Doch weit gefehlt. Ihre Zuwendung bestand nicht darin, ihm den zwanzig Zentimeter langen Dolch aus der kleinen Hand zu nehmen, sondern das verschmierte Gesicht mit schwesterlicher Fürsorge zu reinigen. Dann ging sie gemächlichen Schrittes in die Küche. Der dreijährige Tarzan übte weiter Bambusstäbe treffen.

„Ihr reist wohl viel?“ Eine Stimme aus dem Off? Um uns herum war niemand außer dem schönen Fremden. Und der schaute starr gerade aus. Keine Lippenbewegung. Kein Augenkontakt. Pause. Lange Pause.

„Wo kommt ihr her?“ Jetzt war es eindeutig. Er war es, er hatte gesprochen. Er schaute uns tatsächlich an und lächelte. Cool, gechillt, aber doch eine Art von Lächeln. Und er taute richtig auf. Ein waschechter Fidschianer, der auf einer kleinen Nachbarinsel am Aufbau eines Touristen- Resorts mitarbeitete. Wir nannten ihm ein paar Stichworte unserer Reise. Dann natürlich die Gegenfrage. „Warst du schon einmal woanders? Irgendwo außerhalb Fidschis?“ „Nein! Warum sollte ich?“


Ok. Alles klar. Keine weiteren Fragen.

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